Das Romanusmännchen zu Siebenlehn

Als in Siebenlehn noch Bergbau betrieben wurde, hauste daselbst ein Berggeist, Romanusmännchen genannt. Es war kein böser Geist, er versuchte aber, den Menschen allerhand Schabernack zuzufügen. Über seine Streiche berichtete H. Lommatzsch:

Einst spielte er meinen seligen Vater einen tüchtigen Streich. Dieser arbeitete in seiner Jugend bei einem Siebenlehner Meister, dessen Grundstück an einem Verbindungsgässchen lag und mit einem mannshohen Zaun umgeben war. Als mein Vater eines Abends von einem Geschäftsgang etwas spät nachhause kam, fand er alles verschlossen. Auch hörte niemand auf sein Pochen. Um nun in sein Zimmer zu gelangen, wollte er über den Zaun steigen. Plötzlich brach aber dieser unter ihm zusammen, und vor ihm stand ein großer schwarzer Hund mit feurigen Augen und fletschenden Zähnen. Dieser ließ ihn nicht von der Stelle. Mein Vater fing vor Angst an zu schwitzen. Allmählich schwanden ihm die Sinne. Am anderen Morgen fand er sich aber, zwar Schweiß gebadet, im übrigen ganz wohl, im Bette liegend. Auch war der Zaun in bester Ordnung.

Als mein Vater später selbstständig geworden war, hielt er Pferd und Wagen. Als ich ein junge von zwölf Jahren war, erlaubte mir mein Vater, ihn auf einer Fahrt nach Dresden zu begleiten. Das gab natürlich große Freude. Nachts halb zwölf Uhr wurde abgefahren. Mein Vater, eigentlich kein Raucher, hatte sich aber gerade an jenen Abend eine Zigarre angebrannt. In der Nähe der Ochsenwiesen kam uns ein Mann entgegen und bat um Feuer. Mein Vater gab es ihm bereitwillig. Beim Zusammenhalten der Zigarren explodierten dieselben. Der Mann war jedoch im gleiche Augenblick verschwunden. Das Pferd aber ging durch den Knall durch und konnte erst wieder bei Nossen zum Stehen gebracht werden. Als wir nun in Nossen über die Muldebrücke fuhren, sah mein Vater auf der Brückenmauer eine schöne Fußbank stehen. Er hieß mich absteigen und dieselbe holen. Da ich aber keine sah, stieg mein Vater selber ab und griff danach. Er hatte jedoch nichts in den Händen, fühlte aber einen heftigen Schmerz, als ob seine Hand verbrannt wäre. Wir machten nun schnell kalte Umschläge. Als wir aber frühmorgens in Kesselsdorf die Umschläge erneuern wollten, war die Hand wieder ganz heil. Man sah nichts mehr von einer Verbernennung , auch spürte mein Vater keinen Schmerz mehr. Als ich später in die Lehre kam, fuhr ich mit meinem Lehrmeister in den Wald nach Holz – und zwar an Tischers Stelle. Das war ein Holzschlag. Unterwegs hielt mein Meister an und sagte zu mir: „Geh, steig ab, dort liegt eine grüne mit weißen Perlen besetzte Geldbörse!“ Ich stieg ab, sah aber nirgends eine Börse liegen. Nun ging der Meister selbst danach. Als er zugriff, hatte er einen großen, grünen Frosch in der Hand. Zugleich ertönte ein Lachen, ohne das jemand zu sehen war.

In Siebenlehn und Umgebung erzählt man noch manchen anderen Schelmenstreich des Romanusmännchens. Seit jedoch der Bergbau hier aufgehört hat, hat man nichts mehr von ihm gespürt. Wahrscheinlich hat es nun Ruhe gefunden.

Quelle: Bergmannssagen aus dem sächsischen Erzgebirge, 1985, DvfG, Leipzig

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